
Warum Selbstliebe hart sein kann.
Über Selbstdisziplin, schwere Entscheidungen und Wachstum.
Selbstliebe = Self-Care. Ein schöner Spa-Tag. Eine Gesichtsmaske. Ein neues, teures Outfit. Ein Abend auf der Couch beim Binge-Watching deiner Lieblings-Serie. Sich einfach mal so richtig Gönnen.
Das kann Selbstliebe sein. Kann aber tatsächlich auch eine regelrechte Form von Selbstvernachlässigung sein. Alles eine Frage der Perspektive und der individuellen Situation. Ich weiß, das klingt erstmal schräg und widersprüchlich, aber lass mich dir meine Sicht des Ganzen genauer erklären:
Gerade nicht im Lese-Mood? Hier findest du eine Zusammenfassung als Video:
Gut ist nicht immer langfristig gut
Ich spreche hier etwas aus, was viele nicht hören wollen. Die Industrie verkauft Selbstliebe als das wohlige Gefühl im Bauch, das einen immer gut fühlen lässt. Die schnelle Lösung, für ein Problem. Etwas, dass schlechte Gefühle direkt verschwinden lässt. The quick fix, würde man im Englischen sagen.
Ich würde dem gerne zustimmen, denn versteht mich nicht falsch, auch ich fühle mich gerne gut. Leider ist das, was uns im Moment gut fühlen lässt, langfristig nicht immer die beste Lösung.
Ein schöner Tag im Spa kann wirklich gut tun und helfen den Stress des Alltags loszulassen. Was aber, wenn jemand gerade auf sein Geld achten muss? 200 Euro mal eben ausgegeben und die nächsten zwei Wochen gibt es dafür nur noch Nudeln mit Pesto. Nicht ideal! Das Gefühl der Entspannung ist auch weg, da jetzt die Geldsorgen den gesamten Rest des Monats bestimmen. Same Story beim neuen Outfit oder jeder anderen Art von Konsum.
Das Binge-Watching auf der Couch kann auch mal super sein, um einfach abzuschalten und den Stress und das Kopfkino hinter sich zu lassen. Kontraproduktiv wird es aber,…
- Wenn der Körper nach einem langen Tag sitzend im Büro eigentlich nach Bewegung schreit und man ihn trotzdem auf die Couch fläzt. Dann wundert man sich, warum man so schlimme Rückenschmerzen hat.
- Wenn man eigentlich traurig oder wütend ist und seinen Gefühlen Raum geben sollte und sie dann einfach mit bewegten Bildern betäubt. Die Gefühle verschwinden aber nicht, sondern holen uns irgendwann ein.
- Wenn man das Serie-Schauen als Prokrastination nutzt, um nicht das zu tun, was man eigentlich wirklich im Long-Run erreichen will— zum Beispiel eine Arbeit für die Uni zu schreiben oder die Bewerbung für den Job, den man wirklich haben möchte. Wenn wir dann Deadlines verpassen oder manche Vorhaben gar nicht in die Tat umsetzten sind wir letztlich enttäuscht und unglücklich.
Das sind nur wenige Beispiele, aber ich glaube, ihr versteht das Prinzip. Nicht alles ist immer schwarz oder weiß und was auf den ersten Blick wie Selbstliebe aussieht, ist es nicht immer. Ob etwas wirklich Selbstliebe ist, lässt sich oft durch eine kleine Frage herausfinden: Wie fühle ich mich mit der Entscheidung langfristig?
Wenn euch etwas dauerhaft zufrieden macht, dann ist es ein klares Ja. Hört auf euer Herz, euren Bauch und euren Verstand.
Wenn euch etwas auf Dauer schadet, sollte man versuchen, diese Verhaltensweisen zu minimieren.
Die Bedeutung von Selbstdisziplin
Für mich ist Selbstdisziplin eine der höchsten Formen von Selbstliebe. Sie definiert sich dadurch, dass wir im jetzt entweder auf etwas verzichten oder etwas tun, das uns gerade schwer fällt, um in der Zukunft ein gewisses Ziel zu erreichen. Langfristig führt das zu Zufriedenheit und zum Glauben an uns selbst. Disziplin ist hart und tut manchmal weh, aber auf Dauer tut sie uns gut. Ich gebe euch hier nochmal ein paar Beispiele:
- Es ist unangenehm „Nein“ zu sagen, ihr macht es aus echter Selbstliebe aber trotzdem. Der unangenehme Moment vergeht und ihr müsst nichts machen, was ihr nicht auch wirklich wollt.
- Ihr entscheidet euch dazu, regelmäßig Sport zu machen und haltet euch auch an Tagen daran, an denen ihr lieber auf der Couch liegen bleiben wollt. Ihr seid gesünder, fühlt euch fitter und eure Psyche wird dadurch langfrisitig stabiler. Ein absoluter Win!
- Ihr macht euch frei und verlasst die toxische Beziehung, obwohl es euer Herz in tausend Teile zerreißt. In einem Jahr trefft ihr jemanden, der euch behandelt, wie ihr es verdient habt und ihr seid glücklicher als jemals zuvor.
Ich weiß, bei Disziplin denken wir oft an Sport und das Durchhalten und manche Beispiele hier mögen in diesem Zusammenhang befremdlich klingen. Im Endeffekt ist es aber so, dass es bei Selbstliebe um ein Versprechen an uns selbst geht. Es geht darum, dass wir uns selbst versprechen uns gut zu behandeln und uns gut um uns zu sorgen und das auch und besonders dann, wenn es unbequem wird. Dieses Versprechen zu halten, das braucht Selbstdisziplin.
Baue Fuck-it Momente in dein Leben ein
Selbstdisziplin ist wundervoll. Sie ermöglicht uns zu wachsen, stärker zu werden und uns letztlich besser zu fühlen. Wenn man allerdings in Verhaltensweisen rutscht, die diese Selbstdisziplin wiederum dazu nutzen, Selbsthass zu leben, dann wird das Ganze problematisch. Selbstdisziplin kann nämlich auch bedeuten, Kalorien zu zählen und sich dafür fertig zu machen, wenn man zu viele gegessen hat. Es kann auch bedeuten, sich jeden Tag zu wiegen, um sicherzustellen, dass die Disziplin auch funktioniert. Sie kann auch dafür sorgen, dass Sport exzessiv ausgeübt wird und wir uns körperlich damit schaden.
Das Bewusstsein darüber ist so wichtig. Denn auch dieses Verhalten wird uns langfristig NICHT gut fühlen lassen. Härte mit uns selbst in Kombination mit Disziplin kann mindestens genauso schädlich sein, wie gar keine Disziplin.
Deshalb bin ich ein großer Fan der „Fuck-it“-Momente. Wir sind auf dieser Erde, um zu leben. Um zu erfahren. Um Freude zu spüren. Und manchmal eben auch nur im Moment. Ohne an die Konsequenzen für die Zukunft zu denken. Also ja, gönn dir das Binge-Watching. Gönn dir Sportfreie Tage. Gönn dir den Liter Eiscreme. Und dann: hab dich trotzdem lieb. Oder besser, gerade deswegen. Wir sind alle Menschen und Disziplin im Exzess kann uns kaputt machen. Kann uns die Freude am Leben nehmen.
Fuck-it Momente sind nicht nur OK, sie sind sogar notwendig. Also gönn sie dir und sei lieb zu dir selbst. Denn du hast beides verdient: das langfristige und das kurzfristige Glück.
It’s all about Balance
Manchmal ist es Selbstliebe den Partner zu verlassen, auch, wenn es dir das Herz bricht. Manchmal bedeutet sie, in der Beziehung zu bleiben, obwohl es unbequem ist und wir mit unseren tiefsten Wunden konfrontiert werden. Manchmal ist es der Abend auf der Couch mit einer riesigen Tafel Schokolade, manchmal ist es die Disziplin Nachmittags doch noch Laufen zu gehen und seinem Körper die nötige Bewegung zu geben. Manchmal kann es der Liter Eis sein, manchmel der Teller, der alle Nährstoffe und Vitamine bietet.
Letztlich ist Selbstliebe einfach individuell: Was ist gut für DICH? Was tut DIR gut? Langfristig und kurzfristig? Jetzt und morgen?
Jeder darf selbst entscheiden, was seine Definition von „gut-fühlen“ ist und niemand kann uns hierfür Vorschriften machen. (Natürlich im Rahmen dessen, was noch als klinisch gesund gilt- auch Essstörungen darf man hier nicht außer Acht lassen.) Es liegt in unserer Macht, das Leben zu kreieren, das wir wollen. Die Balance zwischen Disziplin und Fuck-it’s dürfen wir selbst finden. Und auch dabei werden wir nicht perfekt sein und da kommt wieder das Selbstmitgefühl ins Spiel. Uns selbst annehmen, auch, wenn wir der Meinung sind, nicht unseren Ansprüchen entsprochen zu haben. That’s where the magic happens!


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Sprechen dich die Themen an? Bist du bereit, den Selbsthass und die damit verbundenen Verhaltensweisen aufzugeben? Möchtest du endlich ein Leben in Freiheit, Selbstbewusstsein und Liebe führen? Dann lass uns loslegen!